Aus der Community Management Praxis: Mitglied vs. Moderator

Allen Online-Communitys liegt ein Regelwerk oder zumindest ein gewisses Selbstverständnis von Seiten der Mitglieder in Bezug auf die Inhalte und das Miteinander zugrunde. Diese Regeln sind meistens nicht in Stein gemeißelt und daher auch immer wieder Gegenstand der ein oder anderen Diskussion und auch Gegenstand der ein oder anderen Sanktion von Seiten des Community Management, wenn sich ein Mitglied nicht an diese Regeln hält.

Im Folgenden möchte ich anhand eines kurzes Praxisbeispiel aus einer Fach-Community erläutern, was die Auslöser für eine kritische Situation sein können und welche praktischen Maßnahmen sich von Seiten des Community Managements anbieten. Zum besseren Verständnis: Die als Beispiel genutzte Community verfügt über ein klares Regelwerk, welche Inhalte eingestellt werden dürfen und welche nicht.

Praxisbeispiel: Mitglied vs. Moderator
Ein ehemals sehr aktives Mitglied, welches in der Vergangenheit nicht immer im positiven Sinne aufgefallen ist und den Regeln der Community sehr kritisch gegenübersteht, kehrt nach längerer Abstinenz in die Community zurück. Der erste Post ist ein offensichtlich regelkonformer Beitrag mit der provokativen Frage versehen, ob dieser jetzt wieder durch einen Moderator mit Hinweis auf das Regelwerk gelöscht werden würde. Ein frischgebackener Moderator reagiert auf diese Frage mit einem sachlichen Hinweis auf das Regelwerk und fragt nach, was der Hintergrund für diesen offensichtlich provozierenden Beitrag ist. In der Folge entwickelt sich eine (teilweise über unterschiedliche Threads erstreckende) Diskussion zwischen dem Mitglied und Moderator. In dessen Folge löscht der Moderator, wohlgemerkt erst nach einer Ankündigung und dem Hinweis auf den falschen Ort für diese Diskussion,  auch einen Teil der Beiträge des Mitglieds. Daraufhin wendet sich das Mitglied per E-Mail an den Community Manager und verlangt nach einer Aufklärung des Sachverhaltes. Als Sofortmaßnahme schließt der Community Manager einen Teil der  betreffenden Threads mit dem Hinweis auf „Offtopic“ und der Bitte, die Grundsatz-Diskussion über das Regelwerk ggf.  im passenden Forum fortzuführen. Im nächsten Schritt kontaktiert er das Mitglied und den Moderator mit der Bitte um eine kurze Stellungnahme zum Sachverhalt.

Auslöser: Was war eigentlich passiert?
Da das langjährige Mitglied einige Zeit nicht aktiv war, hatte es die Neubesetzung des Moderations-Teams nicht mitverfolgt. Der Moderatoren-Status des Mitglieds, welches sich auch fachlich an den Diskussionen beteiligt, war ebenfalls nicht auf den ersten Blick zu erkennen. Auf fachlicher Ebene schien dem Mitglied der Moderator nicht versiert genug und damit in seinen Augen auch nicht autorisiert, ihn in irgendeiner Form zu kritisieren. Entsprechend harsch und abwertend waren auch die Antworten und weiteren Postings des altgedienten Mitglieds, die Löschung von Beiträgen durch den Moderator stieß ebenso auf Unverständnis.

Tipps für die Praxis:

  • Grundsatzdiskussionen zum Regelwerk, die nicht in den dafür vorgesehen Kategorien gestartet werden, sollten unverzüglich mit dem Hinweis auf Offtopic und die für diese Fälle vorgesehenen Kategorien verschoben bzw.  beendet werden.
  • Diskussionen, allgemeiner Natur und natürlich vor allem auch zwischen Mitgliedern und Moderatoren, die sich jenseits einer gepflegten Diskussionskultur bewegen, sollten mit dem Hinweis auf die Missachtung der Diskussionskultur unterbunden werden. Idealerweise erfolgt direkt danach eine Kontaktaufnahme per E-Mail oder Telefon zu dem Mitglied, um die Thematik / Problematik zu erörtern und das Thema abzuschließen.
  • Der Moderatoren-Status von Mitgliedern sollte jederzeit ersichtlich sein. Es wäre zwar wünschenswert, dass jedes Mitglied unabhängig von seinem Status mit dem gleichen Respekt behandelt wird, dies entspricht aber nicht der Realität.
  • Eine Doppelfunktion von Moderatoren, d.h. wenn diese parallel auch im Status eines normalen Mitglieds in der Community aktiv sind, halte ich grundsätzlich für problematisch. In kritischen Situationen wird von Seiten der Mitglieder nicht selten in Bezug auf die Fachbeiträge eine entsprechende Wertung (bzw. Abwertung) der Moderatoren vorgenommen und der Vorwurf der fehlenden Neutralität wird laut.
  • Angriffe auf die Moderatoren, vor allem auf persönlicher Ebene, sollten sofort gestoppt und das Mitglied entsprechend verwarnt oder gesperrt werden. Erfolgt dies nicht schnell und konsequent, ist die Autorität der Moderatoren respektive des Community Managements gefährdet.
  • Grundsätzlich sollte man auch nicht davor zurückschrecken, altgediente und/oder fachlich sehr versierte Mitglieder zu verwarnen oder zu sperren. Die Reaktionen von Seiten des Community Managements werden von der Community sehr genau beobachtet, so dass eine weitestgehend neutrale Bewertung der Situation sehr wichtig ist.

Die Geschichte als solches fand noch in weiteren Akten ihre Fortsetzung, die letztendlich auch in einer temporären Sperrung des Mitglieds mündeten. Erfahrungswerte zu ähnlich gelagerten Fällen sind natürlich herzlich willkommen!

Letzte Überarbeitung: 15.04.2009. Anmerkungen zur Überarbeitung auch in den Kommentaren!

10 Gedanken zu „Aus der Community Management Praxis: Mitglied vs. Moderator“

  1. Ich halte es im vorliegenden Fall auch für einen Fehler, Mitteilungen des Mitglieds in einem laufenden Thread zu löschen. So lange der Thread für alle lesbar ist, verfälscht das enorm die Diskussion für alle, die mitlesen und bringt in der Regel das wahrscheinlich eh schon erboste Mitglied nur noch mehr gegen den Manager auf.

  2. @Trixy: In Bezug auf das Löschen würde ich mit Jein antworten. Grundsätzlich sollten Diskussionsbeiträge aus laufenden Diskussionen nicht gelöscht werden, da gebe ich dir absolut recht.
    Bei dem genannten Beispiel erstreckten sich die Beiträge allerdings nicht nur auf den Ursprungsthread, sondern es wurde auch in anderen Threads gepostet. Wenn die Beiträge dann teilweise persönliche Angriffe enthalten und nichts mehr mit dem Ursprungsthema zu tun haben, halte ich eine Löschung, wohlgemerkt NACH einer entsprechenden Ankündigung, dass Offtopic-Beiträge ab jetzt gelöscht werden, für absolut angebracht. Letztlich wird durch solche Postings ja auch der Diskussionsfaden anderer Mitglieder unterbrochen.

  3. Vielen Dank für das zahlreiche Feedback zu diesem Artikel. Aufgrund der Anmerkungen habe ich die missverständlichen Formulierungen überarbeitet und eine erläuternde Ergänzung vorgenommen.

    Auf Kritik ist vor allem folgende Formulierung gestossen:
    „Die fachliche Beteiligung von Moderatoren oder gar Community Managern an Diskussionen ist in meinen Augen grundsätzlich als problematisch anzusehen.“

    Damit wollte ich keinesfalls die inhaltlichen Aspekte des Community Managements in Frage stellen, sondern kritisch auf die oftmals in Foren auftretende Doppelfunktion von Moderatoren verweisen. Daher wie folgt überarbeitet:
    „Eine Doppelfunktion von Moderatoren, d.h. wenn diese parallel auch im Status eines normalen Mitglieds in der Community aktiv sind, halte ich grundsätzlich für problematisch.“

  4. das ist ein punkt, der mir auch gleich aufgefallen ist – vor allem, weil in vielen communities moderatoren ja aus der community rekrutiert werden.
    ich habe das auch nicht ganz verstanden: meinst du damit, wenn sie als *moderatoren inhaltlich* eingreifen? oder wenn sie mit einem „doppelten account“ mitdiskutieren?
    bei communities wie motortalk.de gibt es diese „direkte doppelfunktion“ – d.h. man kann entweder „normal“ als mitglied mitdiskutieren, oder als moderator – das wird dann je nach thread (bzw. forenzugehörigkeit) angezeigt. damit haben sie lt. eigenen aussagen gute erfahrungen gemacht. was auch hilft (und implizit ja schon in deinem artikel enthalten ist) – ein dritter, „neutraler“ schlichter (admin, der den langjährigen nutzer kennt o.ä.).

  5. meinst du damit, wenn sie als *moderatoren inhaltlich* eingreifen? oder wenn sie mit einem “doppelten account” mitdiskutieren?

    Mir geht es um die Doppelrolle, d.h. den „doppelten Account“. Am konkreten Beispiel ist das Mitglied mit ein und demselben Account als Moderator UND Mitglied in der Community aktiv. Sozusagen der Worst-Case für diesen Fall. 🙂 Aber auch mit getrennten Accounts, hinter denen erkennbar dieselbe Person steht, sehe ich die gleichen Probleme.

    Danke für das motortalk.de-Beispiel, habe ich von anderer Stelle heute auch gehört und werde ich mir auf jeden Fall mal anschauen, wie es dort gelöst ist.

  6. zwei anmerkungen:

    – oft ist es gar nicht anders zu lösen, dass ein moderator auch gleichzeitig user ist, denn gerade bei nicht kommerziellen communities rekrutiert man die mods ja auch aus der community heraus, denn hinter der rolle des moderators muss ja auch ein nutzen stehen (wichtiger teil eines ganzen sein, mehr anerkennung und respekt usw) welcher nicht monetär sein darf und kann.

    daraus folgt der zweite punkt:

    – als teammitglied wird man dann oft instrumentalisiert. da heißt es dann, dass moderatoren (auch CMs) sich mehr erlauben können als andere (muss man natürlich immer kritisch überprüfen). im selben atemzug werden dann haltlose forderungen gestellt. ein ziemlich schwieriges problem. wir hatten neulich so einen fall. bei uns ist es grundsätzlich verboten rechtsextremes material hochzuladen (auch legale symbole wie die schwarze sonne etc). da heißt es dann schnell, die community sei linksextrem weil ein teammitglied eine linke politische meinung hat. da wurde die userrolle des moderators benutzt um der moderatorrolle bzw. der gesamten community zu schaden. bei uns hat dieser konflikt mehrere wochen angedauert.

  7. Hallo zusammen!

    Ich bin seit längerer Zeit in einer Community gewesen, in der wenn Mods eine Antwort gaben, entweder geschleimt wurde oder ironisch kommentiert. Aber es war nicht problematisch.

    Ein Community-Management hat diese sehr bekannte Plattform nie wirklich gekannt. Der sogenannte Support (eine eMail-Adresse) antwortete sehr selten überhaupt und vertiefte sich dann nie objektivierend in die persönlich-sachliche Angelegenheit. Temporäre Deaktivierung wurde zugunsten einer dauerhaften meist direkt ohne Vorwarnung vernachlässigt. Kritik in der Sache („Moderationsdiskussion“) gelöscht oder abgewürgt, die User bei einer Nachfrage deaktiviert. Daher ist das Supervising zur Moderation das Wesentlichste überhaupt. Sicher muss eine Moderation neben Rückgrad auch Diskretion, Sachlichkeit und Diplomatie wahren. Davon war/ist dies Plattform weit entfernt. Regeln werden rückwirkend eingeführt, weil die Moderation dies inoffiziell schon lange machte. Nun hat sie den Betreiber gewechselt und fährt genau so fort!

    Persönliche Difamierungen müssen entfernt werden, wenn sie unsachlich sind. Ob dies in einem laufenden Thread passiert ist dabei ohne Belang: Schutz der Person geht vor. ABER danach muss eine harte Prüfung der Aussagen erfolgen. Auch davon war die gewisse Plattform weit entfernt. Es ist problematisch, wenn die Mods ein mittleres Niveau und/oder keine Seminare in Mod-Technik haben.

    LG MC-5

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