Im Test: Community-Frameworks und Community-Baukästen

Nachdem die letzten Beiträge doch eher theoretischer Natur waren, möchte ich mich heute mal einem etwas technischeren Thema widmen: Community-Software. In Vorbereitung auf ein neues Projekt habe ich in den letzten Wochen und Monaten verschiedene Lösungen getestet, die Ergebnisse möchte ich hier kurz vorstellen. Die nachfolgenden Ergebnisse sind allerdings unter dem Aspekt zu betrachten, dass hinter dem Test ein konkretes Projektvorhaben steht, die Allgemeingültigkeit der Ergebnisse somit nur beschränkt gegeben ist. Eines vorweg: eine wirkliche „Out oft the Box“-Lösung gibt es im Grunde nicht, wenn man, wie im geplanten Projekt, auch selbst Änderungen und Erweiterungen am System vornehmen möchte.

Make or Buy
Bei der technischen Plattform/Software stellt sich die grundsätzliche Frage des „make or buy“. Eine komplette Eigenentwicklung bedeutet im Regelfall auch einen hohen Aufwand in Bezug auf die benötigten Ressourcen, zumal inzwischen durchaus brauchbare Community-Lösungen auf dem Markt vorhanden sind. Der Erwerb einer „fertigen“ Community-Lösung schränkt die Weiterentwicklung durch lizenzrechtliche Fragestellungen in der Regel stark ein und ist zusätzlich mit Lizenzgebühren verbunden.
Weiterhin gibt es Community-Dienste wie Tribax oder Mixxt, die dem Community-Betreiber eine Komplettlösung an die Hand geben. Dabei hat man die Wahl zwischen einer kostenfreien Sub-Community, die im Look & Feel des „Mutternetzwerkes“ daherkommt, und einer (kostenpflichtigen) Whitelabel-Lösung. So praktisch diese Dienste sind, so eingeschränkt sind doch die Anpassungsmöglichkeiten. Dies kann für viele Projekte ausreichend sein, für das konkrete Projekt ist allerdings die Anpassbarkeit ein wichtiges Kriterium.
Eine Alternative stellt die Verwendung einer Open-Source (OS) Lösung als Entwicklungsgrundlage dar. Die Vorteile liegen hier vor allem in der Nutzung einer bereits bestehenden Funktionalität, der relativ frei gestaltbaren Weiterentwicklung sowie in der teilweise großen Anzahl verfügbarer Erweiterungen und Ansprechpartner im Rahmen der Entwickler-Gemeinschaft.

Getestete Community-Frameworks
Getestet und bewertet wurden folgende OS-Anwendungen, die grundsätzlich als Basis für die Entwicklung einer anspruchsvollen Community-Lösung dienen können:

Kriterium für die Vorauswahl waren der OS-Status bzw. ein offenliegender Quellcode, die Verwendungen von robusten und weit verbreiteten Web-Technologien (PHP, JavaScript, MySQL), die Größe der Entwicklergemeinschaft sowie eine grundsätzliche Eignung zur Entwicklung einer Community-Lösung. Im Fall von Dolphin und Socialsynapse handelt es sich allerdings nicht um klassische OS-Lösungen, da die Nutzung mit Lizenzgebühren verbunden ist. Allerdings kann und darf der Quellcode im Rahmen der Lizenz verändert werden.

Das Mittel der Wahl: Drupal
Eine komplette Darstellung der Vor- und Nachteile würde den Rahmen sprengen, daher die Ergebnisse sozusagen in der Quintessenz: Drupal eignet sich auf Basis der getesteten OS-Lösungen am besten als Software-Basis für das geplante Community-Projekt. Der Kern der Versionen 5 und 6 ist robust programmiert, weiterhin ist die Entwickler-Gemeinde ausreichend groß, so dass es eine Vielzahl von Support-Foren und auch Dokumentationen gibt. Weiterhin gibt es bereits eine größere Zahl von Community-bezogenen Modulen, so dass ein Grundstock an Funktionalitäten mit vergleichsweise geringem Aufwand implementiert werden kann. Ein weiteres wichtiges Kriterium: Drupal kommt bereits in vielen größeren Community-Projekte erfolgreich zum Einsatz, z.B. im deutschsprachigen Raum unicum.de und playboy.de. Dieser Aspekt ist definitiv nicht zu vernachlässigen, da viele andere Dienste und Frameworks im Grunde erst noch unter Beweis stellen müssen, dass sie auch für größere Community-Projekte geeignet sind.

Die Alternative: Socialsynapse
Auch wenn die Software für das aktuelle Projekt nicht den „Zuschlag“ bekommen hat, gibt es mit Socialsynapse, dem deutschen Brand für das Community-Framework Socialengine, gerade für kleine bis mittlere Projekte eine interessante Alternative, die dem „Out of the Box“ schon sehr nahe kommt. Das Grundsystem und die wichtigsten Module wie Blogs oder Gruppen sind zwar kostenpflichtig, allerdings liegen die Gebühren für eine schon recht brauchbare Lösung in einer Größenordnung von unter 500,- Euro inkl. Installation auf dem eigenen Server. Zudem gibt es auch einige kostenlose Erweiterungen und durch Socialsynapse sogar einen deutschsprachigen Support. Zu beachten ist allerdings, dass die Entwicklergemeinde, nicht zuletzt aufgrund der kommerziellen Ausrichtung, vergleichsweise klein ist.

Update 12.11.2008: Socialsynapse eingestellt
Gerade während ich den Artikel beendet habe, hat der Betreiber von Socialsynapse bekannt gegeben, dass ab sofort unter dem Label Socialsynapse nicht länger eine deutschsprachige Version von Socialengine vertrieben wird. Spannend, aber auch wieder ein weiteres Beispiel dafür, dass Nachhaltigkeit noch nicht unbedingt eine stärke in der Internetbranche ist… 😉

7 Gedanken zu „Im Test: Community-Frameworks und Community-Baukästen“

  1. Beinahe hätte ich mir für ein Web-Projekt eine SocialSynapse-Lizenz erworben. Nun habe ich erfahren, wieso diese „ihr“ Produkt nicht mehr weiter vertreiben – da habe ich nochmals Glück gehabt… 😉

    Der Geschäftsführer von SocialSynapse, Tobias Hieb, hat das Produkt „SocialEngine“ in einer deutschen Version vertrieben, ohne dabei dem Hersteller die vereinbarten Kosten für die Vertriebs-Lizenz bezahlt zu haben!

    Aus diesem Grund hat SocialEngine Hieb die Lizenz entzogen. Hier die offizielle Stellungnahme von SocialEngine, die sich klar von SocialSynapse distanzieren:
    http://www.socialengine.net/news.php?news_id=54

    Tobias Hieb ist schon bei seinen Aktivitäten in der Vergangenheit negativ aufgefallen, jeder der nach seinem Namen googelt, findet das schnell heraus…

    Leider gibt es immer wieder schwarze Schafe, die im Internet schnelles Geld machen wollen und dabei auf aktuelle Trends (in diesem Beispiel Social Networks) setzen…

    Ich werde nun bei SocialEngine direkt eine Lizenz kaufen. Der Support dort ist freundlich und gut.

  2. Sehr interessantes Posting! Steh momentan vor einer ähnlichen Entscheidung und hab auch die von Dir genannten Lösungen betrachtet. Was hat bei Dir gegen Joomla und für Drupal gesprochen? Im Augenblick tendiere ich eher zu Joomla.

  3. @Andi: Letztendlich die Grundausrichtung der Systeme: Joomla ist ein CMS, was auch Module für den Community-Bereich hat. Drupal ist von der Ausrichtung auf Community-Features ausgelegt, es gibt dementsprechend auch sehr viele Module. Allerdings sind die CMS-Funktionalitäten etwas eingeschränkter.

    Sicher kommt man mit beiden Systemen zum Ziel, die Ausrichtung des eigenen Projektes ist dabei das Entscheidende.

  4. @tu: Der Artikel erhebt natürlich keinen Anspruch auf Vollständigkeit, alle einzelnen Punkte hätten den Rahmen gesprengt. Aber vielleicht würde eine andere Überschrift wie „Erfahrungsbericht“ dem Inhalt tatsächlich gerechter werden.

  5. @all,

    vielen Dank für entsprechende Beiträge. Ihr habt meine Vermutung bestätigt. Es ist mittlerweile ein Alptraum geworden, die richtige Lösung zu finden.

    Ich habe auch vor geraumer Zeit dazu folgende Beiträge unter meinem NICK: jdk_leser geschrieben.

    Wer möchte kann sich das einmal durchlesen.

    1. Beitrag:
    http://www.jdk.de/de/forum/web-content-management-wcm-cms/t-informationspolitik-217.html

    2. Beitrag:
    http://www.jdk.de/de/forum/web-content-management-wcm-cms/t-was-ist-wenn-der-kunde-zum-knecht-degradiert-wird-455.html

    Der „ZWEITE“ Beitrag ist etwas „ZYNISCH“

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