5 + 1 Frage an Beate Steffens, Community Managerin für Greenpeace und GreenAction

Nach einer kleinen Sommerpause geht es heute weiter in der Interview-Reihe „5 + 1 Frage an„. Interviewpartnerin ist Beate Steffens, Community Managerin bei Greenpeace e.V.,  und unter anderem zuständig für die hauseigene Community GreenAction. Alles weitere erzählt sie uns am besten selbst.

Und wie immer noch der Hinweis: Zusätzliche Fragen an unsere Interviewpartnerin oder Anmerkungen jederzeit gerne über die Kommentarfunktion.

Stell dich bitte kurz vor: Was machst du beruflich, was machst du privat?
Ich arbeite seit 2000 beim Greenpeace e. V.. Angefangen habe ich als Assistenz in der Pressestelle zum Ende meines (zweiten) Studiums. Ich suchte einen Job für ein paar Monate, der mich über meine Diplomarbeitszeit bringen sollte. Tja, so kann es gehen, nun bin ich schon über zehn Jahre bei Greenpeace. Nach einem halben Jahr Pressestelle wechselte ich in die Internet-Redaktion und arbeitete als Online-Redakteurin und übernahm später auch die Teamleitung.

Im Zuge einer Umstrukturierung im Jahr 2007 sind die Pressestelle und die Internet-Redaktion zusammengelegt worden. In dem Rahmen wechselte ich ins Community Management. Ich bin also die erste Community Managerin von Greenpeace in Deutschland. Aber im Grunde mache ich noch einiges mehr. Ich betreue neben unserer eigenen Community GreenAction auch sämtliche externen Web 2.0-Auftritte von Greenpeace. Derzeit sind wir auf Facebook, Twitter, StudiVZ, Youtube und Flickr unterwegs.

Neben der Arbeit teile ich mein Leben mit meinen Border Collie Hündinnen Mika und Fee. Sie sorgen immer für einen sportlichen Tagesbeginn. Bevor es ins Büro geht, machen wir gemeinsam den Elbstrand oder die Parks von Hamburg unsicher. Für mich ist das immer ein toller Start in den Tag, egal ob es regnet, schneit oder die Sonne scheint.

Wie bist du zum Thema Community Management gekommen und was war dein erster Berührungspunkt mit den vielgerühmten „Social Networks“?
Mein erster Berührungspunkt mit Communities und Social Networks war ein Projekt von Greenpeace International. Ende 2000 launchte Greenpeace International das Cybercenter. Das war eine Mitmachplattform auf der alle Online-Aktivitäten von Greenpeace International gebündelt wurden. Beispielsweise bekamen registrierte Nutzer einen Newsletter in dem sie auf neue Mitmach-Aktionen hingewiesen wurden und in den sogenannten Action-Groups konnte miteinander diskutiert und gemeinsam Ideen entwickelt werden. Greenpeace Deutschland hatte einen deutschsprachigen Ableger des Cybercenters aufgebaut.

Weil die Software hoffnungslos veraltet war, wurde das Cybercenter leider 2006 „abgeschaltet“. Es sollte eigentlich schnellstens ersetzt werden, aber der damalige Online Campainger machte sich selbstständig und verlies Greenpeace. Er war die treibende Kraft hinter dem Projekt und es fand sich kein entsprechender Nachfolger. So rückten dann andere Projekte in den Vordergrund.

Die ersten Berührungspunkte mit Social Networks habe ich auch einigen meiner internationalen Kollegen zu verdanken. Vor einigen Jahren waren viele auf Orkut unterwegs und ich habe mich dort angemeldet, um besser mit ihnen in Kontakt treten zu können.

Was ist für dich persönlich Community Management?
Ein Teil der Arbeit rund um das Community Management ist in meinen Augen die Moderation innerhalb der Community. Also neuen Mitgliedern Hilfestellung geben, neue Themen einstreuen, Störer zurechtweisen, Streit schlichten etc.. Dazu kommt, dass man die User auch untereinander vernetzen sollte, wenn man sieht, dass es hilfreich oder sinnvoll ist. Das ist die kommunikative Seite des Jobs.

Zum anderen sollte die Weiterentwicklung der Community eine Herzensangelegenheit eines Community Managers oder Managerin sein. Das betrifft natürlich nicht nur die technische Weiterentwicklung. Hier sollte den Nutzerinnen und Nutzern gut zugehört werden. Für sie müssen wir die Community aus- und aufbauen. Die Mitglieder der Community bestimmen mit wohin die Reise geht. Schließlich sollen sie sich in der Community wohlfühlen und sich dort gerne aufhalten. Zudem begreife ich mich als Sprachrohr der Community in die Organisation.

Für mich gehört ebenfalls dazu, neue Mitglieder zu werben, ehrenamtliche Moderatoren anleiten, Treffen bzw. Events zu organisieren und vieles mehr. Als Community Manager/in zu arbeiten, ist mit einem „normalen“ Bürojob nicht zu vergleichen. Ich habe keine feste Arbeitszeit und es kann auch schon mal vorkommen, dass ich spät am Abend nochmal nach dem Rechten schaue. Eine gewisse Leidenschaft oder Passion gehört einfach dazu.

Was war dein größtes Highlight in Verbindung mit dem Thema Community Management?
Ein einzelnes Highlight ist schwierig zu benennen. Ich habe ein paar Highlights. Allen voran der Launch unserer eigenen Community, die am 31. Juli ein Jahr alt geworden ist. Nach einem Jahr haben wir über 7100 registrierte Mitglieder. Was mich besonders freut, ist, dass ich bislang noch niemanden sperren musste oder sich ein Mitglied völlig daneben benommen hat. Der Umgang auf GreenAction ist gut, die Leute sind nett und Diskussionen werden in einem freundschaftlichen Ton geführt. Ich hoffe, dass das auch weiterhin so bleibt.

Ebenso hat mich gefreut, dass wir bei Facebook und auf Twitter die 10.000er Marke geknackt haben. Damit haben wir uns über www.greenpeace.de hinaus eine große Reichweite erarbeitet. Spannend finde ich dabei, dass wir für unsere Community-Auftritte bislang kaum Werbung gemacht haben. Trotzdem steigen die Zahlen kontinuierlich. Ich bin guter Dinge, dass wir auch bald die 10.000 Marke bei GreenAction knacken.

An welche Erfahrung denkst du dabei weniger gerne zurück?
Daran wie mühsam es ist, manche Menschen davon zu überzeugen, wie wichtig Social Networks und Social Media sind. Um zukunftsfähig zu sein, müssen wir uns intensiv mit den Entwicklungen beschäftigen. Leider höre ich bis heute Aussagen wie, das ist doch alles Kinderkram was zählt sind die Print- und TV-Medien. Aber das Leben wird auch diese Menschen überzeugen, die Zukunft gehört den Neuen Medien.

Zusatzfrage: Welche Frage wolltest du schon immer mal in einem Interview beantworten, die dir aber noch nie gestellt worden ist?
Was meine schönsten Erlebnisse mit Greenpeace als Aktivistin waren. Davon gibt es einige. Drei zaubern mir bis heute immer wieder ein Strahlen auf das Gesicht. Die Greenpeace-Aktion gegen den drohenden Irak-Krieg AUF dem Brandenburger Tor im Jahr 2003. Es war einfach klasse wie viel Zuspruch von den Passanten zu der Aktion gekommen ist. Dann mein zweiwöchiges Schlauchboot-Training im Februar auf der Ostsee. Das war kalt, anstrengend und hat mich an die eine oder andere meiner persönlichen Grenzen gebracht. Aber es hat mir unglaublich viel gebracht und viel Spaß gemacht. Und dann die Besteigung des 5165 Meter hohen Ararat in der Türkei zum G8-Gipfel in Heiligendamm. Es war unglaublich spannend mit unseren türkischen Kollegen und Kolleginnen zusammenzuarbeiten und die Aktion hat unserem türkischen Büro einen richtigen Bekanntheitsschub gegeben.

Beate, vielen Dank für deine Zeit und die interessante Einblicke in deinen Job als Community Managerin!

5 + 1 Frage an Florian Stöhr, Community Manager von stayblue (OScommunity)

„Grau ist alle Theorie“ schreibt Goethe in seinem Faust. Theoretische Aspekte sind ohne Frage immens wichtig, was letztlich zählt ist allerdings die Praxis. Mit ein Grund, im Rahmen der Interview-Reihe „5 + 1 Frage an“ Community Manager zu Wort kommen zu lassen. Eine Erfahrung aus der Praxis: Die Verknüpfungen zwischen Online-Communitys und dem realen Leben werden zunehmen enger. Was das alles allerdings mit dem Ikea Kleiderschrank PAX STORDAL zu tun hat, beantwortet der heutige Interview-Partner Florian Stöhr. Florian ist Community Manager bei Basecom (evtl. besser bekannt als Betreiber der regionalen Community stayblue.de) und twittert unter @floehr. Vielen Dank für deine Zeit!

Wie immer der Hinweis: Zusätzliche Fragen an den Interviewpartner können natürlich gerne wieder über die Kommentarfunktion gestellt werden.

Stell dich bitte kurz vor: Was machst du beruflich, was machst du privat?
Mein Name ist Florian Stöhr, ich bin 31 Jahre alt und Community-Manager von stayblue, einem regionalen Social Network mit knapp 500.000 Nutzern in vier Landkreisen Niedersachsens. Bei unserer Company ist die Community eines von zwei Unternehmensstandbeinen, aus diesem Grund sind die beiden Community-Manager auch Teil der dreiköpfigen Geschäftsleitung und erledigen neben der Community-Arbeit auch noch allerlei andere Aufgaben, die in einer Firma anfallen. Das Privatleben kommt leider ein wenig kurz, da ich nebenbei noch an der Fernuni Hagen Politik studiere.

Wie bist du zum Thema Community Management gekommen und was war dein erster Berührungspunkt mit den vielgerühmten „Social Networks“?
2004 lernte ich an der Uni Osnabrück Michael kennen, der zusammen mit Manuel und Hannes die regionale OScommunity als Hobby betrieb. Die Plattform hatte damals knapp 2000 User. Da alle drei eher aus der Entwickler-Richtung kamen, suchten sie noch einen Grafiker. Da ich schon jahrelang nebenbei Webseiten, Magazine und Flyer gestaltete, stieg ich mit in das Projekt ein. Irgendwann mieteten wir ein Büro und professionalisierten das Ganze Schritt für Schritt.

Inzwischen haben wir unsere regionalen Communitys unter dem Markennamen stayblue auf mehrere Landkreise ausgedehnt und sind das virtuelle Zuhause von knapp 500.000 Nutzern. Das Büroteam dahinter besteht aus knapp 50 Köpfen, die nebenbei auch noch Deutschlands größte und beste Punk-Community „Abgefuckt liebt Dich“ betreiben.

Unsere Communitys waren eigentlich immer technology driven. Wenn es Probleme gab, wurde eine technische Lösung gefunden. Das hat uns in manchen Bereichen sehr weit gebracht, irgendwann stößt man aber auch damit an seine Grenzen. Ein klassisches Community-Management gab es bis vor einem Jahr bei uns nicht, die mannigfaltigen Aufgaben wurden von mehreren Bereichen und Personen betreut. Ein in der Hierarchie klar positioniertes  Community-Management wurde erst in der letzten Zeit eingeführt. Einen großen Anteil hat daran sicherlich der BVCM (Bundesverband Community Management, Anm. d. R.), der uns gezeigt hat wie wichtig es ist, diesen Bereich professionell aufzubauen.

Es stellt sich die Frage, ab wann ein Internetdienst ein Social Network ist? Wenn wir ICQ dazu nehmen, dann ist das wahrscheinlich meine Einstiegsdroge gewesen – damals, mit meinem Apple Performa 475 mit rasanten 25MHz und dem sympathischen Gefiepe eines 28,8k-Modems.

Was ist für dich persönlich Community Management?
Der Community-Manager ist für mich ein idealtypischer Herbergsvater. Er wird von den meist jungen Gästen als natürliche Autorität wahrgenommen auch wenn sie vor ihm keine Angst haben und ihm vertrauen. Natürlich muss er schauen, dass seine Jugendherberge sauber und gut in Schuss bleibt, deswegen treibt er jeden Tag seine Leute an die Zimmer sauber zu machen. Abends setzt er sich gerne mal mit seiner Gitarre in den Gemeinschaftsraum und unterhält die Gäste. Wenn sie sich nicht an die Regeln halten und nachts Partys veranstalten muss er aber einschreiten und eventuell Sanktionen erlassen. Je voller die Hütte, desto besser. Deswegen macht der Herbergsvater auch ein bisschen Werbung, arbeitet aber hauptsächlich an einem guten Ruf um viral möglichst viele Übernachtungen zu akquirieren. Was ihn ein bisschen nervt ist die Buchhaltung, die ihn viel zu lange von den in seinen Augen wichtigeren Aufgaben abhält. Aber wenn die Zahlen stimmen und er seinen Job gut macht, kann er vielleicht irgendwann mal anbauen oder seine Jugendherberge sanieren. Wobei er als Bauherr natürlich eng mit den Architekten zusammenarbeitet oder auch mal selber anpackt.

Was war dein größtes Highlight in Verbindung mit dem Thema Community Management?
Ich greife eines der vielen Highlights dieses Jobs heraus, weil ich es so wunderschön belegen kann. Theoretisch formuliert: Mein Highlight ist der Augenblick, in dem die virtuelle Rolle im realen Leben anerkannt wird und man direktes Feedback für seine Arbeit kriegt. Das praktische Beispiel dazu hat mit PAX Stordal zu tun, einem Kleiderschrank von IKEA mit wirklich schlechter Montageanleitung. Durch persönliches Unvermögen habe ich beim Aufbau mehrere systemrelevante Plastikstifte abgebrochen und zusätzlich die Alu-Front verkratzt, was im häuslichen Umfeld nicht so gut ankam. Um wenigstens die Funktionalität mit diesen Plastikdingern herzustellen, pilgerte ich zum IKEA-Ersatzteilschalter. Die Dame hinter der Theke lächelte mich sofort überfreundlich an und fragte, ob ich nicht der Typ von OScommunity wäre. Sie sei ja schon ewig Mitglied und würde meine Videos immer sehr cool finden. Dann ging alles sehr schnell: Eine Quittung (hatte ich eh nicht mehr) musste ich nicht zeigen, ein neuer Karton wurde herbeigezerrt und vor mir mit dem Kommentar „Nimm Dir mal raus was Du brauchst“ aufgerissen. Die unverkratzten Aluschienen lächeln mich heute jeden Morgen an.

An welche Erfahrung denkst du dabei weniger gerne zurück?
Die Amoklaufzeiten sind bei einer „jungen“ Plattform wie unserer immer ziemlich heftig. Einige Nutzer finden es dann im medialen Sog immer sehr lustig irgendwelche Pseudo-Ankündigungen auf der Plattform zu veröffentlichen. Die Pseudo-„Todesliste“, ein gefaktes Lehrerfoto auf unserer Plattform, ging vor vier Jahren durch die Lokalpresse. Zum Glück hatten wir damals alles richtig gemacht, der Redakteur und die Öffentlichkeit stellten sich vor uns. Aber neben der entstehenden Arbeit mit der Polizei schwingt bei mir immer die Angst mit, dass wirklich einmal ein Nutzer unsere Plattform für so etwas missbraucht.

Zusatzfrage: Welche Frage wolltest du schon immer mal in einem Interview beantworten, die dir aber noch nie gestellt worden ist?

Warum sind Deine Käässpätzle immer so lecker?

Wichtig sind unmenschlich viele Eier (pro 100g Mehl eines), kräftige Oberarme und besonders ein Profi-Spätzle-Hobel, denn dieses ganze Geschabe und Gedrücke mit unterschiedlichen Gerätschaften macht keinen Sinn (sagt meine Mama).

5 + 1 Frage an Tom Noeding, Community Manager von evangelisch.de

Ende 2007, als ich den endgültigen Entschluss gefasst hatte, meinen Job zu kündigen und mich wieder komplett dem Thema Community Management zu widmen, war ich auf der Suche nach interessanten Kontakten in der Community Manager-Szene im Rhein-Main Gebiet. Mein erster „Treffer“ auf der intensiven Suche war Tom Noeding, der damals den Communitystammtisch 2.0 in Frankfurt gerade wieder ins Leben gerufen hatte. Knapp 3 Jahre später haben wir (gemeinsam mit Silke, Linda und Mark) den Bundesverband Community Management ins Leben gerufen, Tom ist im wahrsten Sinne des Wortes Community-Evangelist geworden und ich habe die Organisation des Communitystammtisch 2.0 von Tom geerbt. Ein Interview im Rahmen der Reihe „5 + 1 Frage an…“ ist also mehr als überfällig…

Wie immer der Hinweis: Zusätzliche Fragen an den Interviewpartner können natürlich gerne wieder über die Kommentarfunktion gestellt werden.

Stell dich bitte kurz vor: Was machst du beruflich, was machst du privat?
Seit April 2009 arbeite ich als Community Manager in Festanstellung für das neue Publikumsportal der EKD (www.evangelisch.de). Mein Privatleben dreht sich fast ausnahmslos um die Familie. Frau und Kind halten mich ordentlich auf Trab… und das ist auch gut so 😉

Wie bist du zum Thema Community Management gekommen und was war dein erster Berührungspunkt mit den vielgerühmten „Social Networks“?

Bis zum Community Management war es für mich ein langer Weg. Wie viele meiner Altersgenossen waren Mailboxsysteme meine „Einstiegsdroge“. Die Details würden schnell den Rahmen sprengen, deshalb hier mal nur die wichtigsten Tags:

  • fido.net
  • BTX (Chatten im BTX-Deutsch = Tickern)
  • Teledialog & Geschlossene Benutzergruppen (GBG)
  • Compuserve
  • Usenet
  • Mailinglisten

Mailinglisten habe ich Mitte bis Ende der Neunziger einige moderiert. Die Bekannteste war „tresurbain“. Darin ging es hauptsächlich um lokale, subkulturelle Veranstaltungshinweise und Partyreviews aus Frankfurt und Umgebung, stets gewürzt mit einer gehörigen Portion Gossip.

Was ist für dich persönlich Community Management?
Die Tatsache, dass ich sehr lange über diese Antwort nachgegrübelt habe, beweist mir dass es darauf keine einfache/n Antwort/en gibt. Grob formuliert, umfasst Community Management alle Bereiche von der Planung/Konzeption über das Projektmanagement während der technischen Realisierung bis hin zur Gewinnung und Betreuung der Mitglieder sowie die dauerhafte inhaltliche und technische Weiterentwicklung der Plattform. Das klingt im ersten Moment recht simpel doch verbirgt sich hinter jedem einzelnen Aspekt eine Vielzahl an sehr spezifischen Aufgaben und Anforderungen, welche obendrein nicht isoliert betrachtet werden dürfen. Um diesen Umstand etwas zu verdeutlichen hatte ich vor einiger Zeit mal diese „7 Rollen (Leben) des Community Managers“ formuliert:

  1. Der CM als Marketer (Mitgliedergewinnung, SEO, SMO etc.)
  2. Der CM als Kontakter (Interne Zusammenarbeit mit Technik, Marketing, Geschäftsleitung usw.)
  3. Der CM als Spin Doctor (PR & Öffentlichkeitsarbeit, Speaking Engagements)
  4. Der CM als Teilnehmer (Mitmachen, Zuhören, Teilhaben am Community-Alltag)
  5. Der CM als Organisator (Messen, Events, Seminare, Roadshows, Mitgliedertreffen etc.)
  6. Der CM als Führungskraft (Erfolgreiches Teamwork)
  7. Der CM als Moderator (Gruppen, Foren, Chats, Mailinglisten, externe Sites)

Anhand dieser „7 Hüte“ erhält man durchaus eine gewisse Vorstellung dessen, was Community Management heute leisten muss. Und dabei ist diese Aufzählung keineswegs vollständig. So rückt beispielsweise das Thema „Kennzahlen und Erfolgsmessung von Communities“ aktuell immer stärker in den Vordergrund. Es führt kein Weg mehr daran vorbei: Ein Community Manager muss seine Zahlen kennen. Sie liefern die Grundlage für Zielvereinbarungen, die Höhe von Budgets und machen eine Erfolgskontrolle überhaupt erst möglich. Mir ist bewusst, dass viele Community Manager gerade mit diesem Punkt Schwierigkeiten haben. Uns allen muss jedoch klar sein, dass unsere Arbeit am Ende des Tages weniger anhand von „weichen“ Faktoren wie Mitgliederzufriedenheit bewertet wird, sondern eben an diesen konkret messbaren Kennzahlen.

Was war dein größtes Highlight in Verbindung mit dem Thema Community Management?
Die acht Monate beim US-Startup MOLI.com in 2008 waren für mich eine extrem spannende Zeit, an die ich selbst heute gelegentlich noch etwas wehmütig zurückdenke. Bei den Amerikanern habe ich gelernt, dass im Community-Business letztlich alles möglich ist – im positiven und negativen Sinne. In unserer Branche lernt man nie aus und vorallem gibt es in Bezug auf persönliche Karrierechancen nach oben hin keine Grenzen. Es lohnt sich in jedem Fall, auch mal über den deutschen Tellerrand hinauszuschauen. Mag der Community-Hype auch vorbei sein, so sollte uns dies nicht darüber hinwegtäuschen, dass in den kommenden Jahren gerade grössere, international aufgestellte Firmen und Organisationen (NGO’s, Verbände, Religionsgemeinschaften etc.) in Communities investieren werden. Gerade in jüngster Zeit investieren beispielsweise russische Oligarchen verstärkt in Social Networks und innovative Web 2.0-Startups. Da wären wir schon bei einem weiteren „Leben“ – Der Community Manager als Broker/Trader/Investmentbanker! In diesem Punkt habe ich eine sehr klare und lebendige Vision: Die Erfolgreichsten unserer Zunft werden über kurz oder lang den Sprung auf’s internationale Parkett wagen und dort für ihre jeweiligen Aufraggeber sogenannte Community-Portfolios aufbauen und ggf. gewinnbringend veräussern. Diese strategische Vorgehensweise ist am ehesten mit der von Hedgefonds-Managern zu vergleichen, mit dem Unterschied, dass wir mit unserem Handeln sicherlich keine Finanzkrise auslösen werden. 😉

An welche Erfahrung denkst du dabei weniger gerne zurück?
Ich habe in den zurückliegenden Jahren sehr viel Lehrgeld zahlen müssen. Fast sämtliche Arbeitgeber, für die ich als Community Manager tätig war, gingen im Zuge des Dotcom-Crashs (2001) und der Finanzkrise (2008) pleite. Das war manchmal ganz schön frustrierend. Doch in der Retrospektive möchte ich diese Erfahrungen nicht missen. Überdies habe ich nach und nach aus der Not eine Tugend gemacht. Heute habe ich keine Angst mehr vor Arbeitsplatzverlust. Ich kann letztlich nur dazulernen und mit jeder neuen beruflichen Herausforderung betrete ich zugleich neues Terrain. So lange man sich selbst nichts vormacht und seinen Eigenanteil am Erfolg oder Misslingen einer Community realistisch einzuschätzen weiss, kann man eigentlich nur besser werden. Mit der Zeit entwickelt man ein solides berufliches Selbstverständnis und lernt, seinen persönlichen Marktwert zu beurteilen. Letzteres ist bei Gehaltsverhandlungen und Bewerbungsgesprächen von unschätzbarem Nutzen, denn wer sein Wunschgehalt nicht mit überzeugenden Argumenten untermauern kann, wird sich mit deutlich weniger zufrieden geben müssen oder bleibt komplett auf der Strecke.

Zusatzfrage: Welche Frage wolltest du schon immer mal in einem Interview beantworten, die dir aber noch nie gestellt worden ist

Wieviel verdienst Du? 😉

5 + 1 Frage an Andreas Jürgensen, Betreiber des Leica User Forums und Community-Consultant

Im Rahmen der BVCM-Mitgliederversammlung hatte ich endlich mal wieder die Gelegenheit, einige (bisher) virtuelle Kontakte persönlich zu treffen. Darunter war auch Andreas Jürgensen, Betreiber des Leica User Forums und Berater zum Thema Community Management. Den interessanten Austausch im Rahmen der Versammlung wollte ich gerne hier im Community Management Blog fortführen und freue mich daher, dass Andreas sich für ein Interview im Rahmen der Reihe „5 + 1 Frage an…“ zur Verfügung gestellt hat.  Vielen Dank für deine Zeit Andreas!

Zusätzliche Fragen an den Interviewpartner können natürlich gerne wieder über die Kommentarfunktion gestellt werden.

Stell dich bitte kurz vor: Was machst du beruflich, was machst du privat?
Ich bin zu ungefähr gleichen Teilen Community Consultant und Community Betreiber. Als Consultant berate ich Unternehmen, wie sie Communities aufbauen, betreiben und in eine Social Media Strategie einbinden.

In meiner anderen Rolle betreibe ich zwei Fotografie Foren: Das internationale Leica Forum besteht seit knapp 10 Jahren und hat ca. 50.000 Mitglieder, das Forum FourThirds hat „nur“ 3.500 Mitglieder, wächst aber seit der Gründung vor einem Jahr in einem Affentempo.

Privater Ausgleich sind Laufen (scheint in typischer CM Sport zu sein…) und meine Familie (Frau und zwei Kinder). Erziehung im Kindergartenalter hat übrigens oft erstaunliche Parallelen zum Community Management…

Wie bist du zum Thema Community Management gekommen und was war dein erster Berührungspunkt mit den vielgerühmten „Social Networks“?
Auf Wunsch unseres Auftraggebers habe ich im Jahr 2000 in den Webauftritt der Leica Camera AG ein Forum integriert – ohne zu ahnen, welche Konsequenzen das haben würde. Die ersten ein, zwei Jahre habe ich es nur technisch betreut, in die Moderation bin ich mit den Anforderungen reingewachsen.

Wegen eines Strategiewechsels bei Leica wurde ich 2006 gefragt, ob ich das Forum in Eigenregie übernehmen will. Nach kurzer Überlegung habe ich zugesagt – bis jetzt habe ich es nicht bereut.

Mein erstes Social Network Profil habe ich vor fünf Jahren in OpenBC angelegt (jetzt XING), wo ich mittlerweile auch zwei Gruppen moderiere.

Was ist für dich persönlich Community Management?
Community Management ist für mich, einen Ort zu schaffen, zu dem Menschen gerne kommen, an dem sie sich aktiv austauschen und mit dem sie sich identifizieren.

Die tägliche Arbeit ist erstmal Mikromanagement (technische Administration, aktive Moderation, Support) und viel persönliche Kommunikation mit den Mitgliedern und den Moderatoren.

Spannend ist die strategische Weiterentwicklung einer Plattform – welche Services, Kommunikationskanäle oder Strukturen können wir einrichten und verbessern, um den Austausch und die Identifikation mit der Plattform zu verbessern?

Nicht Community Management im engeren Sinne, aber leider lebensnotwendig und fester Bestandteil der Arbeit ist das Thema „Refinanzierung“: Sponsorenakquise, Affiliate Programme, Mitgliederprogramme, kostenpflichtíge Services etc.

Was war dein größtes Highlight in Verbindung mit dem Thema Community Management?
Internationale Usertreffen sind Highlights – sie machen zwar Arbeit in der Vorbereitung, während der Treffen werde ich aber regelmäßig sentimental, wenn ich mit Freunden u.a. aus England, Niederlanden, Italien, Norwegen und Australien zusammensitze. Ich empfinde es als großes Glück, mit dem Leica Forum eine so große und weltumspannende Gemeinschaft zusammengebracht zu haben. Über die Jahre sind so weltweite Freundschaften zwischen Menschen entstanden, die sich sonst nie kennengelernt hätten.

An welche Erfahrung denkst du dabei weniger gerne zurück?
Es ist immer schlimm, Leute aus der Community ausschließen zu müssen, besonders wenn man die Betroffenen persönlich kennt. Oft sind das nette und interessante Menschen, die aber immer wieder zu Zynikern und Trollen mutieren, sobald sie an der Tastatur sitzen.

Richtig Muffensausen hatte ich, als ich einen US-amerikanischen Anwalt sperrte, der in meinem Forum Unterstützer für eine Massenklage gegen einen unserer Sponsoren gesucht hatte.

Zusatzfrage: Welche Frage wolltest du schon immer mal in einem Interview beantworten, die dir aber noch nie gestellt worden ist?
Die Frage: „Worauf kommt es beim Aufbau einer Community wirklich an?“

Meine Antwort: „Vergesst erstmal alle Tools, Domains, Suchmaschinenoptimierungen, Twitter, Facebook und riesige Strukturdiagramme. Sorgt vor allem dafür, dass die Leute gerne zu Euch kommen – weil sie andere Menschen finden, die für das gleiche Thema brennen.

Im Grunde sind wir alle noch Urmenschen, die einen Stamm suchen, zu dem wir gehören – wir brauchen die menschliche Nähe, das Lagerfeuer und ein knuspriges Stück Fleisch, an dem wir gemeinsam nagen können.“

Danke, dass ich das fragen und beantworten durfte!

5 + 1 Frage an Beatrix Gutmann, Community Managerin bei derwesten.de

Die Dritte im Bunde der neuen Interview-Reihe „5 + 1 Frage an …“ ist Beatrix Gutmann, Community Managerin bei derwesten.de und engagiertes Mitglied im BVCM. Vielen Dank für deine Zeit Beatrix!

Zusätzliche Fragen an den Interviewpartner können natürlich gerne wieder über die Kommentarfunktion gestellt werden.

5 + 1 Frage an Beatrix Gutmann

Was machst du beruflich, was machst du privat?
Ich bin Community-Managerin und Online-Redakteurin bei derwesten.de – das ist das Online-Portal der WAZ Mediengruppe hier in Essen. Der Job kann aufregend sein, man lernt spannende Themen und Menschen kennen, aber auch das Gegenteil. Die scheinbare Anonymität des Internets ist für viele Menschen eine willkommene Plattform, ihren Frust abzulassen. Nicht selten sind wir, die Community-Manager, Zielscheibe. Beleidigungen und Drohungen sind schon fast eine Selbstverständlichkeit. Da heißt es diplomatisch sein und Nerven bewahren.
In meiner Freizeit studiere ich zur Zeit noch. Seit einem Jahr bin ich dabei ein Journalistik-Studium zu absolvieren. Das mache ich nebenberuflich an der Fachjournalistenschule in Berlin. Es macht Spaß und ich bin gerade dabei, meine Abschlussarbeit zu schreiben. Das Thema sind die LOHAS – eine Konsumentengruppe, die mehr und mehr den Markt erobert.
Dem Stress laufe ich gern davon, joggen ist für mich der ideale Ausgleich, um Ärger abzubauen. Wenn ich es schaffe, drehe ich drei mal wöchtenlich meine Runde. Am liebsen zusammen mit meiner Border-Collie-Hündin Lisa. Sie ist mein absoluter Liebling und Ruhepol.

Wie bist du zum Thema Community Management gekommen und was war dein erster Berührungspunkt mit den vielgerühmten „Social Networks“?
Bereits im Jahr 2004 hat die WAZ Mediengruppe bereits den Versuch gestartet, ein Social-Network in Kooperation zu gründen. Freundeszeit.de sollte es heißen. In USA waren solche Netzwerke bereits erfolgreich. Ich war damals an der Projektarbeit beteiligt, leider war die Zeit nicht reif für diese Idee und Freundeszeit.de verschwand in der Versenkung. Mit Gründung von derwesten.de bin ich vom Marketing zum Community-Management gewechselt, ich fand das Stellenprofil spannend und vielversprechend.

Was ist für dich persönlich Community Management?
Community-Management bedeutet für mich die Betreuung einer Community. Austausch, Vernetzung und von einander lernen. Leider sieht die Realität anders aus. Gerade Foren dienen oftmals der egoistischen Selbstdarstellung von Menschen, die im realen Leben keine Aufmerksamkeit erlangen.

Was war dein größtes Highlight in Verbindung mit dem Thema Community Management?
Es gibt einige Highlights – ich durfte Menschen kennen lernen, die einiges zu erzählen haben, die mich an ihrem Schicksals haben teilnehmen lassen. Man bekommt manches nette Wort zu hören und Plätzchen zu Weihnachten. 🙂 Das ist die schöne Seite der Medaille.

An welche Erfahrung denkst du dabei weniger gerne zurück?
Die schlimmste Erfahrung die ich gemacht habe, waren sehr persönliche Angriffe im Forum von derwesten.de. Man hat mich regelrecht beschimpft und als A….loch bezeichnet. Das hat mich doch sehr verletzt. Das schlimmste daran war, dass Äußerungen aus dem Kontext gerissen und völlig falsch dargestellt wurden. Meine Chefin konnte gerade noch verhindern, dass ich eine Anzeige erstattet habe. Seitdem bin ich kein Freund von Foren.

Zusatzfrage: Welche Frage wolltest du schon immer mal in einem Interview beantworten, die dir aber noch nie gestellt worden ist?
Zusatzfrage? Fällt mir nichts zu ein… Sorry!

5 + 1 Frage an Thomas H. Kaspar, Chefredakteur Community bei CHIP

Im Rahmen der diesjährigen Community Summit in Hamburg hatte ich die Möglichkeit, einem Vortrag von Thomas H. Kaspar zu folgen – fachlich und vom Unterhaltungsfaktor her ein echtes Highlight! Thomas (aka Bibliothomas) ist als Chefredakteur Community mit seinem Team u.a. für die CHIP-Community verantwortlich und nach Stephan Mosel der zweite Kandidat für die neu ins Leben gerufene Rubrik „5 + 1 Frage an …“.  Vielen Dank für deine Zeit Thomas!

Zusätzliche Fragen an den Interviewpartner können natürlich gerne wieder über die Kommentarfunktion gestellt werden.

5 + 1 Frage an Thomas H. Kaspar

Was machst du beruflich, was machst du privat?
Ich arbeite seit 2006 bei CHIP Online, wo ich als erster Chefredakteur Community eingestellt wurde, um gleichberechtigt zur Redaktion „Web 2.0“ aufzubauen. Dort sitze ich im Zimmer mit meinen beiden Teams: Einmal mit dem Community-Team, das die Welten bei CHIP Online betreut und zum anderen mit einem internationalen Team, das die Partnerschaften in zwölf Ländern der communitybasierten Plattformen chip.eu und chip.asia steuert und befeuert. Privat wird mein Leben durch meine Familie mit drei Jungs bestimmt, daneben suche ich meinen Ausgleich im Lesen und im Zen.

Wie bist du zum Thema Community Management gekommen und was war dein erster Berührungspunkt mit den vielgerühmten „Social Networks“?
Ich bin ja ein alter Sack im Web und war schon am Leben als es noch gar nicht möglich war, ein „digital native“ zu sein. Aber immerhin mit 15 Jahren habe ich 1983 zum ersten Mal den Akustikkoppler meines Commodore PET an den Telefonhörer angeschlossen und zum Leidwesen meiner Eltern Telefonnummern in Schweden angepinnt. In der Folge war ich viel unterwegs in der Mailboxszene und den Groups am Uni-Rechner. Prägend war für mich aber die Zeit als Mailbox-Admin von Greenpeace Anfang der 90er Jahre, als ich erlebt habe, wie man mit Hilfe digitaler Kommunikation reale Gemeinschaften managt. Aus dieser Zeit kommt nicht nur mein Alias Bibliothomas, sondern auch dieses Graswurzelfeeling, die hohen ethischen Standards und der unbedingte Glaube daran, dass Web-Communitys einen Nutzen in der Welt vor dem PC haben müssen. Zum Community Management im heutigen Sinn bin ich gekommen, weil ich parallel zu meiner journalistischen Arbeit immer Webplattformen wie eine Xbox-Community aufgebaut und betreut habe – alle waren communitybasiert. Das hat mir später geholfen, als ich Werte, Hobby und Beruf vereinigen konnte.

Was ist für dich persönlich Community Management?
Community Management ist für mich die Übersetzung von irgendwas für User – im besten Fall wird eine Gesamtstrategie übersetzt, im zweitbesten Fall baut ein Community-Naturtalent mit Usern etwas auf, was ihm wichtig ist. Im schlechtesten und leider nicht seltenen Fall – improvisiert ein überforderter Mensch mit Besuchern ohne richtige Bindekraft irgendwie irgendetwas, wobei der einzige Konnex der Unmut über die da oben, die Seitenbetreiber, die Redaktion oder sonst wen ist.  Meine eigene Kernfrage ist: Welche Kultur und Struktur braucht meine Webseite, wenn sie nicht nur sendet, sondern auch essentiell auf die Zusammenarbeit mit den Usern setzt? Wie organisiere ich die gleichberechtigte Mitarbeit der User am gemeinsamen Ziel?

Was war dein größtes Highlight in Verbindung mit dem Thema Community Management?
Ich denke nicht so sehr in Peaks. Das „größte Highlight“ ist mir eine Nummer zu hoch. Weil steil rauf auch immer steil runter bedeutet. Meine größte Befriedigung beziehe ich aus zweierlei. Erstens: Ich stelle vorher immer strategische Hypothesen auf und lege Benchmarks fest, damit es nicht zu lulalu wird. Zu sehen, wie z.B. eine Theorie zu exponentiellen Stapeleffekten Realität wird, wie sich der Longtail zu IT-Produkten langsam aufbaut und die Visits unaufhaltsam nach oben gehen, ist schon ziemlich geil – vor allem, wenn man es vorher genau so aufgeschrieben hat. Daneben freue ich mich bis heute wie ein kleines Kind darüber, dass ich ein so persönliches Verhältnis zu meinen Mods und vielen bekannten Usern selbst habe. Welche Ehre, dass etwa nächstes Wochenende ziemlich viele zu mir nach Hause kommen und grillen, meinen Garten verwüsten und meine Whiskey-Vorräte leertrinken, bis sie umfallen und in den Betten meiner Kids schlafen. Wie gesagt, Communitys sollten einen Realitätsbezug haben, auch meine eigenen.

An welche Erfahrung denkst du dabei weniger gerne zurück?
Ehrlich gesagt ärgere ich mich rückwirkend nur über mein eigenes Unvermögen, meine Unreife. Gerade in der Anfangsphase hatte sich der Stress oft verdichtet, wenn ich Abend um Abend, Wochenende um Wochenende unterwegs war und parallel den normalen Betrieb in einer Online-Firma hatte. Mein Glück war, dass bei CHIP alle ein gutes Gespür dafür hatten. Die Kollegen und Chefs sahen mir einerseits meine persönliche Unausgeglichenheit nach nächtelangen Krisenphasen in der Community nach und halfen mir andererseits, diesen sozialen Beruf zu professionalisieren. Wir haben zwar noch keine externe Supervision, aber immerhin schon interne Ausgleichsmeetings, geregelte bezahlte Wochenenddienste, und jeder muss in kürzester Zeit Freizeit ausgleichen. Jetzt klingt es paradiesisch, aber auf dem Weg dorthin habe ich persönlich einen hohen Preis bezahlt.

Zusatzfrage: Welche Frage wolltest du schon immer mal in einem Interview beantworten, die dir aber noch nie gestellt worden ist?
Irgendwas, wo ich in der Antwort meine sensationelle Frau loben kann, mit der ich seit 23 Jahren seelenverwandt zusammenlebe und die das Fundament für all diese intensive Menschenarbeit ist. Aber so eine Frage wäre mir dann auch wieder peinlich.

5 + 1 Frage an Stephan Mosel, Community Manager bei Qype

Vor einigen Tagen fragte mich Mark in einem Telefonat, warum es denn im Community Management Blog keine Interview-Rubrik geben würden? Da ich für interessante Anregungen immer offen bin, gibt es ab heute die Rubrik „5 + 1 Frage an …“. Interviewt werden interessante Personen aus dem Community (Management)-Umfeld. Den Auftakt macht heute Stephan Mosel (aka @Moe), Head of Community Management bei der lokalen Bewertungsplattform Qype. Vielen Dank für deine Zeit Moe!

Zusätzliche Fragen an den Interviewpartner können natürlich gerne über die Kommentarfunktion gestellt werden.

5 + 1 Frage an Stephan Mosel

Stell dich bitte kurz vor: Was machst du beruflich, was machst du privat?
Beruflich bin ich Community Manager für Qype im deutschsprachigen Raum. Auch privat verbringe ich sehr viel Zeit im Web, und wenn ich das gerade nicht tue, höre ich viel Musik, spiele Nintendo DS oder fahre neuerdings Longboard.

Wie bist du zum Thema Community Management gekommen und was war dein erster Berührungspunkt mit den vielgerühmten „Social Networks“?
Wo das anfing kann ich gar nicht so genau sagen. Beruflich beschäftige ich mich seit ca. 2 1/2 Jahren mit dem Community Management bei Qype. Die Kontakte dazu entstanden wie so oft durchs Netz. Zu dieser Zeit habe ich mich in Innsbruck mit eLearning 2.0 im Rahmen einer Anstellung als Junior Researcher bei den Research Studios Austria und eines Lehrauftrags an der UIBK beschäftigt. Auch zuvor hatte ich mich privat schon jahrelang recht intensiv mit Weblogs, Wikis, Social Bookmark Managers, etc. beschäftigt, was im Laufe der Zeit zunehmend unter Schlagworten wie Web 2.0, Social Software oder Social Media bekannt wurde. So schrieb ich dann auch meine Diplomarbeit über „Praktiken selbstgesteuerten Lernens bei der Nutzung von Weblogs“.

Was ist für dich persönlich Community Management?
Das ist natürlich ein sehr weiteres Feld. Der bisherige Diskurs um Community Management in Deutschland, an dem die Mitglieder des Bundesverbands Community Management (BVCM) maßgeblich beteiligt sind, zeigt, dass es bislang schwer ist, allgemeingültige und dennoch greifbare Minimaldefinitionen herauszuarbeiten. Ich persönlich sehe die wichtigste Aufgabe des Community Managements darin, ein Vermittler zwischen den Nutzern und den Betreibern einer Community zu sein und die Wünsche und Ansprüche der User so in die technische wie konzeptionelle Entwicklung hineinzutragen. Und ebenso im Namen der Betreiber mit den Mitgliedern der Community zu kommunizieren. Darüber hinaus fungiert ein Community Manager auch als Vermittler bei eventuellen Disputen von Mitgliedern untereinander, kontrolliert medienrechtliche Aspekte und sorgt dafür, dass sich alle aktiven Mitglieder so wohl wie möglich in der Community fühlen. Dazu gehört auch, für die Einhaltung des Kodexes zu sorgen und beispielsweise keine sexistische, rassistische oder anstößige Inhalte zuzulassen und gegen etwaige Störer vorzugehen. Andersherum bin ich natürlich auch Ansprechpartner bei Fragen zur Plattform, informiere die Community über Neuerungen und reagiere auf die Belange der Mitglieder, ob nun direkt auf der Site oder auch in Blogs oder Twitter.

Was war dein größtes Highlight in Verbindung mit dem Thema Community Management?

Ein einzelnes Highlight zu nennen fällt mir hier schwer. Grundsätzlich ist die Tätigkeit des Community Managements recht dynamisch – was auch einen großen Reiz daran ausmacht. An der Schnittstelle zwischen Unternehmen, Technologie und Individuen im Web zu arbeiten, ist eine sehr inspirierende Tätigkeit, die einen das Leben am Puls des Webs und seiner Nutzer und Macher sehr direkt und unmittelbar erfahren lässt. Überragend ist für mich immer wieder, wie intelligent lose Gruppierungen von Web-Usern agieren, sich vernetzen, publizieren und diskutieren können. Dies geschieht oftmals auf hohem Niveau, allen Unkenrufen gegenüber der Unkontrollierbarkeit des Netzes und seiner angeblichen Klowände zum Trotz. So geben die Möglichkeiten des Personal Publishing nicht nur jedem eine Stimme im Netz, sondern Communities sind auch in der Lage diese zu bündeln, zusammenzuführen und zu strukturieren, um so netzbasierte Diskurse erheblich zu stärken oder erst entstehen zu lassen.

An welche Erfahrung denkst du dabei weniger gerne zurück?
Die Gratwanderung zwischen Freiheit und Zwang, welche dringend notwendig und auch sinnvoll ist, kann manchmal sehr anstrengend sein. Ich  beziehe mich hier auf den Spagat zwischen einer möglichst liberal gehaltenen Führung der Community, gleichzeitig aber auch der Konstitution und Umsetzung unumstößlicher Regelungen, die den Zielen eines konstruktiven und friedlichen Miteinanders, den wirtschaftlichen wie strategischen Interessen der Betreiber einer Community, und dem geltenden Recht – sowie seiner mitunter kritischen Ausgestaltung im Web – gerecht werden müssen. Nicht umsonst zeigt sich in Gesprächen mit Community Managern und im User-Support tätigen Leuten oft, dass hier eine hohe Frustrationstoleranz unabdingbar ist, da es leider immer wieder einmal vorkommt, dass einzelne User aufgrund der Anonymität im Netz und der Kanalreduktion der Kommunikation elementare Regeln eines respektvollen Umgangs miteinander aufs Gröbste verletzen. Hierbei handelt es sich in der Masse der Nutzer natürlich um selten anzutreffende Ausnahmen, welche aber einen hohen Frustrationsgrad erzeugen können. Professionelle Distanz und das Wissen darum, dass diese Ausnahmen der Preis einer sonst oft sehr lebhaften und liebenswürdigen Community sind, spielen hier eine wichtige Rolle.

Zusatzfrage: Welche Frage wolltest du schon immer mal in einem Interview beantworten, die dir aber noch nie gestellt worden ist?
Wie ich die Zukunft des Community Managements beurteile? Das ist eine sehr gute Frage! Essentiell bleibt es meiner Ansicht nach, die Schnittstelle zwischen Technologie und sozialem Umgang mit Einzelnen wie auch mit Gruppen zu bilden und eine Professionalisierung des Berufsbildes Community Manager voranzutreiben. Unternehmen, die Communities haben oder haben wollen, müssen erkennen dass sowohl technisches Know-how wie auch ein Verständnis sozialer Interaktionsprozesse unabdingbar sind, um proaktiv zum Wachstum und der Festigung einer Community beizutragen. Das ist in den seltensten Fällen ein Job den man nebenbei erledigen kann, da hier komplexe technische, soziale und juristische Fragen aufeinandertreffen, welche in die Konzeption des Community Managements und der Gestaltung der Plattform einfließen müssen.